Orsoy und BSV

Erzählte Geschichte der Bürgerschützen in Orsoy - Ein kleines Städtchen am Riederrhein
 

Erzählte Geschichte der Bürgerschützen in Orsoy

Durch die Zerstörungen unserer Heimatstadt Orsoy besonders in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges sowie durch die Teilevakuierung der Bevölkerung ist ein wohl vorhandenes Archiv der Stadt und des Vereins verlorengegangen. Ein historisch nachweisbarer Werdegang im klassischen Sinne des Vereinswesens ist daher nur eingeschränkt darstellbar.

Orsoy und sein Schloß waren um 1500 mehrfach Verhandlungsort im Zusammenhang kriegerischer Auseinandersetzungen des Herzogtums Kleve. Die Stadt selbst war zu diesem Zeitpunkt von einem Krieg nicht direkt betroffen. Gleichwohl war Orsoy Sammelplatz für Truppen, Nachschub und Proviant für die Kriege dieser Zeit. Die Notwendigkeit einer besonderen Bürgerwehr kann daraus geschlossen, aber nicht bewiesen werden.

Wohl gab es aber in den Jahren ab 1543 Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit in Kleve über die richtige Konfession" nach der Reformation. 1548 empfiehlt ein Gutachten eines herzoglichen Sekretärs, die Regierung solle die Verhältnisse in Orsoy sorgfältiger im Auge halten; dort gebe es wegen der Religion Schwierigkeiten. Die Geschicke der Stadt lagen 1551 in den Händen der Schöffen Goterit opt Oell, Johann Wolters, Derick van Rey, Michael Schlechregen, Rutger van Opmondt und Johann van der Speyen, die angeführt vom damaligen Richter und ständigen Vertreter der Obrigkeit, Hupert Zaren, geschlossen die Reformationslehre förderten. Aus dieser Zeit stammt auch die Kanzel in der heutigen evangelischen Kirche (Programmheft Schützenfest 1995).

Die mehrfachen Versuche der klevischen Regierung, die Verbreitung der neuen Lehre zu unterbinden veranlasste die Schöffen wohl, die Bürger wehrhaft zu machen. Die Durchführung von Zwangsmaßnahmen wurden mit dem Hinweis versehen, darauf zu achten, daß es nicht zu einer ,,Toelopungh des gemeinen Mans" komme (Furcht vor einem Volksaufstand). Die Aufsässigkeit Orsoyer Bürger gegen Obrigkeiten hat sich bis in die heutige Zeit fortgepflanzt.

Diese erste Vereinigung der „,gemeinen Bürger" diente auch in den folgenden. Jahren der Verteidigung von Hab und Gut -dies unabhängig von der jeweilig wechselnden Stadtkonfession-, leider ohne großen Erfolg, denn die vielen Stadtbrände zerstörten immer wieder die Anwesen der Stadt. Über die Jahrhunderte gesehen, haben sich die Bürger innerhalb der Bürgerwehr unterschiedlich gruppiert. Bis ins 19. Jahrhundert hinein gibt es Hinweise auf ,,Rhein-, Kuh- und Egerströter" sowie auf eine Junggesellencompagnie.

Bereits 1627 muß wohl ein formeller Zusammenschluß einer Schützengemeinschaft stattgefunden haben. Aus dem leider zerstörten Archiv haben die Orsoyer Bürgerschützen im Jahr 1927 ein 300jähriges Bestehen entnommen.

Während die nach den Straßenvierteln genannten Bürger Mitglieder wurden oder automatisch dazu gehörten, konnten sich die jungen Männer freiwillig unter Gestellung eines Bürgen aufnehmen lassen. Durch Heirat trat der Junggeselle aus und wurde dann Mitglied der „Ströter-Schützenkompanie". Jährlich fanden Pflicht-Schießübungen statt, die Mitgliedschaft war beitragspflichtig. Versäumnisse wurden bestraft, in der Form, daß etwas gestiftet werden mußte, meist ging es um Bier. Aus den überlieferten Aufzeichnungen der Familie Sieberg über einen einen Schützenverein Orsoy (mit einem Buchführungsbeginn 1655) werden zwischen 1730 und 1780 mehrere Posten und Namen genannt: Adjudant Gerhardt Plönis, Le Corporal Conrad Von Stae, Monsignore Von Hüsen, Schildwacht Mauritz, Rekruten Johann Sieberg, Henrich, Wilhelm und Peter Van Stae, Haubtmann Johann Heinrich Hüßen.

Am 26. Juni 1749 hatten sich folgende Gesellen unter die Compagnie,,gegeben": Christoffel und Johannes Sieberg. Während am 23.Mai 1752 Johannes Sieberg Corporal der Junggesellen wurde, mußte Christoffel Sieberg als Bräutigam diese Compganie wieder verlassen.

Ein Nachweis von Schießübungen (Scheiben) gibt es für das Jahr 1765, 1781 und 1788 und ziemlich ausführlich für 1811.

 
Am 26 Tag des Monats May 1811 haben sich die Junggesellen auf dem Gemeindehause versammelt, um unter Vorsitz des Herrn Maire P. Hüshen ihre Kompanie zu organisieren, damit dieselbe aufs bevorstehende Fest, welches am 9. Juni nächsthin, wegen der Geburt Sr.M. des Königs vonRom statt haben soll, mit ihrer Fahne aufzuziehen und um einen Preiss, den ihnen der Maire dazu fouirnen wird, nach der Scheibe schießen können. Es wurde daher diese Kompanie nach der Wahl auf fol gende Weise zusammengesetzt: Major J.P. Hühsen, Capitän Henrich Kampmann ehemal. Cap Lieutn, Capitän Lieutn. Wm. Sieberg ehem.Ajutant. Auf neue wurde gewählt: Lieutnant Diederich Bierhaus, Adjutant Johann Höffgen, Fähnrich Gerhard Kettjen, Aditeur Arnd Falk, Regimentsquartiermeister Paul Bongartz, Feldwebel Henrich Krämer, Sergeantmajor Diederich de Fries, Fouier Johannes Kettgen, Kriegs-Kommisire Joh. Henrich von der Burg, Monsterschreiber Henrich Liesefeld und Henrich Biermann, Sergeanten Gerhard Plönis, Gerhard Wiemann und Bernd Plor, Fahnenjunker Albert Liesefeld, Capitaine d'armes Johann Passmann, Corporale Diederich Holländer, Joh. Henrich Vasen, Diederich Ruberg, Gerhard Grüter, Daniel Schmetz, Gerh. Birres, Johann Wilh. Knipscher, Wilh. Stegemann, Henrich Clöx, Caspar Kampmann, Christoph Wenzel, Peter Abels, Ludwig Werth, Henrich Vogel. Wm Sieberg jr, Peter Hühsen, Sohn von D.Wm.Hühsen, Peter Josef Bongarts, Johann Gerhard Reeder, Caspar de Fries, Eberhard de Fries, Gerhard Kiesendahl, Gerhard Hühsen, Henrich von Laar, Johann von Loh, Jacob Berkenpahs, Peter Schmitz, Mathias von der Burg, Gerhard Krämer, Wilhelm Hoff. Womit gegenwärtiges Protokoll geschlossen und vom Maire und Stabsoffizieren unterschrieben. Gesehen zu Orsoy auf dem gemeindehause den Tag, Monat und Jahr wie oben.
 

1787 werden Wilhelm Sieberg und Johann de la Haye als Vorstand genannt. Ein Schießfest im Jahr 1829 mußte mit 2,13 Taler an den Wirt Kettgen bezahlt werden.

1835 fand eine Wahl statt, die It. Aufzeichnung mit Stimmenmehrheit Premier Leutnant Gisbert Wilsing, Leutnant Grenadier Johannes Neuvshen und Fähnrich bei der neuen Fahne Christ. Sieberg" als Ergebnis hatte. Das Schießfest 1847 zeigt eine Ausgabe von 1,4 Taler,,Kostgeld für Musikanten". Uns heute noch erhalten gebliebene Königsplaketten zeigen die Jahre 1895 Heinrich Liesefeld und Königin Wilsing, 1898 Richard Boxel und Emma Kersken, 1900 Hugo Kersken und Adele Tinnsen, 1904 Eduard Schmidt, 1907 Wilhelm Hüsch und Gertrud Giesen, 1909 Heinrich Peters und Josephine Rebouillon.

 
 
 
 
 
 

Als 1. Vorsitzender des Orsoyer Bürger Schützenverein zeichnete Adam Bongert.

In dem zusammengeführten Verein waren 1910 136 Mitglieder vertreten, die zu Kaisers Geburtstag aus der Vereinskasse ein Essen a 1,75 Mark erhielten.

Die Kassenabrechnung des Schützenfestes 1911 weist bereits damals Kosten auf, die wir auch in der heutigen Zeit kennen. 1911 war es die Lustbarkeitssteuer (30 Mark je Tag), heute sind es die Gestattungsgebühren der Verwaltung. Damals wie heute wurden Pferde (je Pferd 9 Mark) und eine Kutsche (18 Mark) ausgeliehen. 1911 tauchen erstmals die heute noch beliebten Biermarken auf. Der Festwirt Horsters lieferte 9.190 Stück im Gesamtwert von 919 Mark. Der Schützenkönig 1911 Bernhard Maas mit Königin Sophia Mülleneisen erhielt 200 Mark für den Königsschuß.

Neue Mitglieder zahlten 10 Mark Eintrittsgebühr. Das Fest wurde aus den Spareinlagen (angelegt bei der Sparkasse Orsoy und der Spar- und Darlehenskasse Orsoy) sowie aus Tanz- und Schießgeldern finanziert. Das Schützenjahr 1913 begann im Februar mit einem Kaisergeburtstagsschiessen. 75 Patronen wurden gekauft. Beim Schützenfest wurden 8.075 Biermarken im Gesamtwert von 807,50 Mark verteilt.

 

1922 begann erneut die Vereinstätigkeit. Hermann Fischer zahlte als erster Bürgerschütze 75 Mark Eintrittsgeld in die Kasse. Insgesamt 109 Männer begannen mit dem Neuaufbau des Vereins.

Während des 1. Weltkrieges wurde keine Feste durchgeführt. 11 Orsoyer Bürgerschützen starben zwischen 1914 und 1918 an den Fronten oder an den Folgen dieses Krieges. Aus den wenigen Kassenaufzeichnungen geht hervor, daß „Barvermögen" an eine Kriegsfürsorge-Kasse abgeführt wurden. 1920 wurden an Witwen und Hinterbliebene je 100 Mark aus der noch bestehenden Kasse ausgezahlt.

Ende 1920 zeigte der Kassenstand 16.000 Mark Vermögen in Kriegsanleihen.

Im gleichen Jahr wurde ein Schützenfest gefeiert mit einer Volksbelustigung, Biermarken und Uniformen. Auch der Tambour Corps wurde für 750 Mark und der Instrumentenverein für 468 Mark verpflichtet. König Willi Fonck mit Königin Tilde Dahlschen erhielt für den Königsschuß 5000 Mark. Es wurde auf Vogel und Scheibe geschossen. Das Fest wurde in Zeitungen durch Anzeigen angekündigt: 82 Hutfedern wurden an die Mitglieder verkauft.

 
 

Das nächste nachweisbare Schützenfest fand 1927 statt, als 300 jähriges (!) Jubel-Fest des „Allgemeinen Orsoyer „Bürgerschützenverein". Diese 300 Jahre beziehen sich wohl auf eine damalige Fahneninschrift der Junggesellen-Compagnie. Schützenkönig wurde der spätere Präsident Karl Fischer. 1930 hat ein Fest stattgefunden, für das Zelt zahlte der Vereinswirt 400 Mark. Ausgaben für die Durchführung einer Schießveranstaltung sind nicht aufgeführt.

Bilder aus 1934 und 1935 anläßlich der 650Jahr-Feier der Stadt Orsoy zeigen das Königspaar Heinrich Kühnen und Königin Tine Fischer. Eine Plakette ist leider nicht mehr vorhanden. Erstmalig wird auch eine Kinderbelustigung genannt (Möhlenkamp und Janßen), Festabzeichen wurden verkauft und 4.140 Biermarken ausgegeben.

 

Ein Deutscher Abend im Lokal Liesefeld kostete dem Verein zusätzliche 300 Biermarken und in der Endabrechnung noch einmal 3,30 Mark. Dietrich v.d.Burg erhielt 1,50 Mark für das Abmähen von Disteln und das Böllerschießen durch Gerhard Winnans steht mit 20 Mark zu Buch. Im Umzug zog eine Fahnenabordnung aus Rheinberg mit, die eine Vergütung von 2 Mark erhielt. Neben den zur damaligen Zeit obligatorischen Beiträgen an die verschiedenen NS-Organisationen werden auch Aufwendungen für die Teilnahme am 1.Mai aufgeführt. Lieferant für die Munition des Schießens war die Firma Kleintjes.

 

Nachdem 1936 Wilhelm Sonderkamp den damaligen Kugelfang repariert hatte, wurde dieser an den Asberger und den Hochstraßer Schützenverein ausgeliehen. Am 23.August fand ein Vergnügungsschießen mit einem Überschuß von 50 Pfennig statt.

Schützenkönig wurde 1936 Johann Plecker mit Schützenkönigin Adele Liesefeld. Die Kinder erhielten bei der Kinderbelustigung Süßigkeiten im Wert von 10,10 Mark.

5900 Biermarken wurden verteilt und erstmals erwähnt werden im Kassenbericht Ausgaben für Grenadieruniformen in Höhe von 39,40 Mark. Der damalige Festwirt Liesefeld spendete aus diesem Anlaß 10,00 Mark. Das Feuerwerk durch Theodor Imgrund belastete die Kasse mit 2,70 Mark.

Nach den Ausgabeposten für Patronen und Biermarken fanden in 1937 verschiedene Wettschießen (Vergnügungs- und Kompanieschießen) statt, auch ein Schützenkönig muß ermittelt worden sein, denn neben Biermarken wurde auch ein Thronzuschuß gezahlt (an wen?).

 
 

1950 begann die Vereinstätigkeit nach den Kassenunterlagen erneut (in Erinnerung noch lebender Zeitzeugen bereits 1949). Bei Fischer wurde ein Festzelt aufgebaut. Im Ausschank gab es Bier einer Böllert-Brauerei. Aus dem nach der Währungsreform übriggebliebenen Sparvermögen waren 186,26 DM geworden. Unter der Führung des Präsidenten Karl Fischer wurde aber bereits Ende 1949 beschlossen, in kommenden Jahren ein Schützenfest durchzuführen. Aus der Kasseneinnahme ergibt sich, daß es insbesondere folgende Bürger waren, die zu diesem Zweck bei den interessierten Orsoyern Geld für das kommende Schützenfest sammelten:

Johann Plecker, Heinrich Drüen, Karl Tinsen, Hermann Joosten, Gerhard Keesen, Wilhelm Giesen, Peter Strohscheidt, Wilhelm Trompetter, und ohne Vornamen: Kühnen, Fischer, Winschuh, Kniest, Krützberg.

Am 2.September-Wochenende 1950 muß es It. Kassenbuch ein Preisschießen der Vorkriegsschützen gegeben haben; den Gewinnern wurden Medaillen ausgehändigt. Außerdem wurde bereits wieder mit der Ausgabe von Biermarken an die Mitglieder begonnen.